Der Washington Alpine Club hat eine wunderschöne Hütte am Snoqualmie Pass. Das Skigebiet bietet mit vier relativ kurzen Sesselliften eher keine langen Abfahrten, aber dafür herrliche Möglichkeiten zum Schneeschuhwandern zum Beispiel. In der Hütte gibt es neben Küche, Esszimmer, Matratzenlager, Dusche und WC auch einen Tischtennisraum und ein Kaminzimmer mit einer kleinen Bibliothek. Spoiler, wir werden die Zeit bis zum Check Out am nächsten Tag ausnutzen, und der ist um sechzehn Uhr.
Als wir dann um 15:55 Uhr gen Trail aufbrechen, liegen 71 Meilen (114 Kilometer), 17000 Fuß (5200 Meter) Aufstieg und drei volle Tage vor uns. Doch als wir am ersten Morgen starten, fühlen wir uns beide etwas schlapp und haben leichtes Grummeln im Magen. Für einen Moment denke ich, uns wird doch nicht noch Noro eingeholt haben, weswegen wir die Klos einer Hütte im Wald ein paar Tage vorher gemieden haben und das ja auch schon auf dem AZT wie ein Damoklesschwert Schwert über uns schwebte. Noch ein Spoiler, nein, wir sind weiterhin virusfrei. Aber etwas stimmt dennoch nicht. Ich habe die drei Tage über kaum Hunger und Probleme, etwas in meinen Magen zu bringen. Mein lecker Knorr-Reis geht leider gar nicht, weshalb ich am zweiten Tag sämtliche Electrolyte herausgeschwitzt habe. Daher muss ich Joker heimlich ein paar ihrer Getränkepulver klauen und nehme am dritten Tag nur zu gern die Einladung zu warmen Knorr Nudeln Marinara an. Das hat mich auf diesem Stretch echt gerettet. Mir ist sogar ein ganzes Glas Erdnussbutter übrig geblieben.
Die Landschaft kann ich aber dennoch genießen. Pittoreske Seen reihen sich aneinander und es gibt oft herrliche Ausblicke auf die vielen Gipfel um uns herum. Begleitet werden wir fast den ganzen Tag vom Pfeifen der Pikas. Fun Fact: fragt man ChatGpt was ein Pfeifhase ist, fängt die Antwort so an: Ein Pfeifhase (wissenschaftlich: Ochotona) ist ein kleines, putzig wirkendes Säugetier aus der Familie der Hasenartigen (Leporidae gehören dazu, aber Pfeifhasen sind in einer eigenen Familie, den Ochotonidae). Und das können wir bestätigen, die sind wirklich putzig.
Wie schon in einem früheren Post beschrieben, nichts putzt den Kopf so frei wie 5 Monate laufen. Ich bin die meiste Zeit tief in meinem Gedanken gefangen. Daneben macht sich nun aber auch ein spürbarer Mangel an Musik bemerkbar. Wie mein Körper nach Obst und Gemüse dürstet, verzehrt sich mein Gehirn nach schön aneinander gereihten Tönen und Akkorden. Daher höre ich viel mit meinen Bluetooth Kopfhörer und manchmal Singe ich auch, bis ich dann in amüsierte Gesichter blicke, die um die Ecke verborgen lagen. Außerdem fasziniert mich der Gedanke, Ukulele zu lernen und eine mit auf die nächste Wanderung zu nehmen. Wäre ich in Nürnberg, wüsste ich, wo ich mir eine leihen könnte. Also zumindest für den Anfang. Gruß an die Musikbibliothek.
Den wohl most craziest hitch bisher bekommen wir vom Stevens Pass nach Leavenworth, wo wir gleich den Bus weiter nach Wenatchee nehmen. Aber zurück zu unserem ride. Wir stehen bereits über eine halbe Stunde mit erhobenem Daumen am Highway aber niemand hält an. Ich gebe zu, dass es mich in dem Moment etwas aggressiv macht, dass viele Fahrer von der rechten zur linken Spur wechseln, wenn sie uns sehen. Als wollten sie demonstrieren, euch stinkende Wanderer nehmen wir nicht in unserem Auto mit. Ok fair. Aber die vielen Pick Ups hätten doch eine Ladefläche an der frischen Luft. Ok, vermutlich liegt es eher daran, dass sie einen Sicherheitsabstand herstellen wollen, was aufgrund des breiten Seitenstreifens dann vielleicht doch auch an ihrem Fahrstil liegt. Ähm. Endlich hält ein Auto und zwar einfach auf der rechten Fahrspur. Ich laufe hin und zwei Mädels sitzen drinnen. Ich Frage ob sie uns nach Leavenworth mitnehmen. Wo ist das? 35 Meilen weiter die 2 runter. wohin sie denn fahren? Ach, sie erforschen Washington. Für Spritgeld nehmen sie uns mit. Ok. Wir steigen zügig ein, weil Verkehr von hinten kommt. Die beiden sind ein paar und gerade von Kalifornien hergezogen. Also, wahrscheinlich. Denn es ist alles ein wenig wirr. Als die Fahrerin am Anfang dann Musik mit dem Handy macht und zweimal über den Seitenstreifen fährt, frage ich mich kurz, ob die 15 Dollar gut angelegt waren. Aber trotz, dass die beiden dann an einem IPA naschen, fährt sie den Rest des Weges anständig und wir kommen gut an.
Da wir Krauts nicht mit den amerikanischen Feiertagen vertraut sind übersehen wir, dass am 1.9. Laborday ist und da fahren keine Busse in Wenatchee. Wir müssen uns also zwischen einem längeren Hitch oder einem Zero entscheiden. Nun, wir liegen noch sehr gut im Plan, spätestens am 15.9. fertig zu sein, also bleiben wir noch einen Tag. Letzter Spoiler, wir unterschätzen mal wieder die Entfernungen einer amerikanischen Stadt, weshalb wir nach der Shoppingtour ein Uber zurück zum Motel brauchen, damit es noch ein Zero bleibt.
Nun trennen uns noch 127 Meilen (204 Kilometer) von unserem letzten Resupply Ort. Wir haben Essen für 6,5 Tage eingekauft und morgen schauen wir uns noch das Städtchen Leavenworth oder little Bavaria wie es hier heißt an.
Kanada, wir kommen.
Dann viel Spaß in little Bavaria und viele Grüße aus Overbavaria 😉