Days 72 – 76

Wir bekommen wieder relativ schnell einen Hitch. Noël kommt aus Mexiko, wo auch seine Frau und seine Kinder leben, spricht kaum Englisch und muss daher hauptsächlich mit Joker sprechen, denn die hatte immerhin mal einen Spanischkurs. Auch Noël lehnt Geld für den Sprit ab. 

Wir haben zwei 4000er in zwei Tagen zu besteigen. Am ersten Tag steigen wir vom Berthaud Pass auf und als wir oben ankommen, zieht es zu. Leider keine Ausblicke. Wir schaffen es noch vor dem Regen abzusteigen und schlagen unsere Zelte am ersten besten Spot auf und schon fängt es an. In Colorado ist Juni, Juli Gewitterzeit und es kann jeden Tag eines geben. 

Mount James und die darauf folgende Gratwanderung wird zu meinem bisherigen Highlight in Colorado. Der Grat zieht sich über einige Meilen hin und bietet immer wieder eine 360° Aussicht. Es ist sonnig und nur ein paar kleine Wolken stehen am Himmel. Gegen Abend sehen wir dann Regenwolken und einer kommen wir auch so nahe, dass wir ein paar Tropfen abbekommen. Aber sie bleiben brav hinter den Gipfeln, die wir heute nicht mehr besteigen müssen. Dafür müssen wir an unserem Ziel angekommen feststellen, dass es hier außer umgefalle Bäume keinen Platz mehr gibt. Also noch 2,5 Meilen bergab, bis wir einen Platz finden. 

Am letzten Tag vor Grand Lake müssen wir nicht mehr so hoch hinaus. Ein paar auf und abs und eine wunderbare Aussicht auf den Granby Lake, bevor wir direkt vor dem Rocky Mountain National Park schlafen. In diesem darf man nur mit Bärkanister und Permit schlafen und wir haben lediglich einen Kanister. 

Grandlake ist sehr auf Touristen ausgelegt und teuer. Wir bekommen ein Zimmer in der Shadowcliff Lodge, dass wir uns mit Mona Lisa teilen. Das Shadowcliff wurde früher innerhalb von 30 Jahren mit über 600 Freiwilligen errichtet und ist heute eine Non-profit Einrichtung, weshalb wir zu dritt auch nur 100 Dollar die Nacht zahlen. Definitiv der beste Ort in Grand Lake zu übernachten. 

Der Trail läuft direkt durch Grand Lake. Durch die Lage des Orts und einer 4 Meilen Abkürzung ergeben sich verschiedene Möglichkeiten. Eine ist es, einen slack-packing Tag zu machen, was ich auch machen werde. Da es sich Joker in der Lodge gemütlich gemacht hat kommt es nun nicht nur zu einem, sondern zu zwei Nova.

Ich hike den Tag alleine und mach die 23,2 Meilen Runde durch den Rocky Mountain National Park. Dazu wollte ich eigentlich um 6 Uhr aufbrechen und einfach ganz normal northbound (gen Norden) laufen um dann wieder zurück zu hitchen. Mishab bringt diesen Plan durcheinander, indem sie mich fragt, ob wir zusammen laufen wollen. Kurzerhand wird der Plan auf 6 Uhr 30 und southbound (gen Süden) geändert. Aber als ich dann um 6 Uhr 27 die Lobby betrete, sitzen dort nur Mona Lisa und Mercury. Drei Freunde von Mishab sind allerdings etwas früher northbound aufgebrochen und sie versucht nun, diese zu erreichen. Ich bleibe beim letzten Plan, hike zum erstenmal southbound und brauche fast eine halbe Stunde bis sich jmd. erbarmt und mich mitnimmt. Eine kleine Dokumentation über meinen Tag im National Park gibt es in unserem YouTube Kanal.

Zwei Anmerkungen noch dazu. Nach 8 Meilen Aufstieg, stelle ich fest, daß ich kein Essen dabei habe. Ich habe den Essenssack am Abend zuvor noch etwas aufgefüllt und nicht wieder in den Rucksack gelegt. Gefrühstückt hab ich ausnahmsweise auch nicht. Nach etwa 15 Meilen wird der Hunger etwas eklig, aber da muss ich jetzt durch. 2 Meilen vor der Lodge schenken mir zwei Einheimische eine Banane und einen Riegel. Unbeschreibliches Glück. Sofort spüre ich die Energie in meinen Körper zurückkehren. Wahnsinn. Für zwei kleine Schneeflächen benutze ich dann tatsächlich meine Eisaxt. Bei der ersten benutze ich sie eher nur, weil ich sie habe. Bei der zweiten rettet sie mich, als ich mit dem linken Fuß ausrutsche und hauptsächlich noch an meiner Axt hänge. Mit ein wenig Ruhe komme ich aber gut wieder aus dieser Situation heraus. 

Am 4. Juli planen wir in Steamboat zu sein.

• Trailmile: 1343 – Foxmile: 964