Days 33 – 41

Grants – Cuba (Trailmile: 629; Foxmile: 475)

Moonage daydream 

Die Etappe vom Grants nach Cuba hat uns wirklich alles abverlangt, aber -so viel sei schon mal verraten- es hat sich gelohnt und hat mein Bild von New Mexico nochmals verändert. Ich habe mit New Mexico anfangs vor allem Farben assoziiert. In meinem Kopf drehten sich kalaidoskopartig Wüstenstreifen in verschiedenen Rottönen, goldene Canyons, orange Mesas, smaragdgrüne Kakteen, oben ein azurblauer Himmel, hier und da bunte Blüten und schillernde Eidechsen unter einer pulsierenden Sonne. Alles vibriert, die Canyons verflechten sich im Tal  zu Mustern und Ornamenten, gewebter Stoff. Ich dachte an indigenes Handwerk, Töpferei, Silber, Kunstwerke, Georgia o‘Keeffe, Literatur, Santa Fe, D. H. Lawrence, Mabel Dodge Luhan, Morgen über Mexico, Lorenzo in Taos,  die Ghost Ranch, Künstlerkolonien ….mein Kopf war voller inspirierender Bilder. Die Realität hatte mit meinen Vorstellungen erstmal nicht viel zu tun. Die gnadenlose Hitze und Ödnis der Wüste gepaart mit einem trockenen, schneidenden Wind, gegen den man sich stemmen muss, um vorwärts zu kommen und die permanente Wasserknappheit machen es einem nicht leicht. Endlose Meilen auf dirtroads, ja sogar auf Highways – das hat für viele mit wandern nichts mehr zu tun. Ich dachte immer, ich bin Hitze gewohnt, doch diese Hitze hat uns verbrannt, hat uns ausgetrocknet, unsere Haut, unsere Kehlen. Der trockene Wind und das kostbare Wasser des Gila Rivers mit dem allgegenwärtigen Staub und Dreck haben unsere Klamotten steif werden lassen, unsere Haut schmerzhaft aufgerieben. Die Gräser und Dornen haben unsere Waden zerschnitten, 1000 kleine, rot-schwarze Schnitte. Teilweise sah ich aus wie schwer misshandelt. Die einzigen Tiere, die wir zu Gesicht bekamen, waren Kühe ( die waren allerdings stets sehr freundlich). „Cow killer“ meinte, das ist kein Spaß. Jeder Tag ist ein Kampf. 

Doch auch die Wüste lebt. Schwarze Käfer, die sich tot stellen, Klapperschlangen, die ihren Platz an der Sonne verteidigen, hier und da eine Blüte an einem Kaktus. Und nur etwas höher im Mountain desert dann schillernde Kolibris, die brummen wie Mini Hubschrauber, Chipmunks, Eichhörnchen, Hasen, Füchse, Kiefern, Kojoten, Wölfe, bunte Eidechsen mit Kragen  … und freundliche Kühe. 

Viele mögen das Wandern in der Wüste nicht, für mich hat sie eine eigentümliche Schönheit, nachts immer überdacht von einem gigantischen, ewigen Sternenhimmel. 

Der erste Tag war für Thomas hart, am zweiten Tag japse ich nach Luft, wir befinden uns auf ca 3000 Metern, jeder kleinste Anstieg ist für mich wahnsinnig kräftezehrend. Am 3. Tag kann ich kaum auftreten, mein Fuß schmerzt, nach ca 1 h geht es einigermaßen. 

Am 4. Tag steigen wir wieder hinab, verlassen die Kiefernwälder und den Fuchs, der dort oben wohnt und fallen in eine bizarre Landschaft aus Ingwer/ Kurkuma-Canyons, paprikafarbenen Mesas und saftig-grünen Kakteen und Sträuchern. Wie eine frische Currybowle!! Ich drehe mich im Kreis, kann es kaum fassen, diese Farben! Diese Felsformationen! (Glücklicherweise kiffe ich nicht mehr, ansonsten würde ich mich jetzt angsterfüllt unter einen Strauch kauern und darauf warten, dass ein Riese mit seinem Riesen-Löffel anfängt zu essen).

An der 1. water source treffen wir nach 3 Tagen zum ersten Mal auf Menschen! Man tauscht kurz Informationen aus, Mona Lisa hat niemand gesehen, sie wollte einen Tag nach uns los und wir wissen nicht, ob sie es vor der Sperrung des trails geschafft hat. 

Wir laufen 20 Meilen durch diese surreale Kulisse und kommen abends an einem zum Glück gefüllten watercache an. Auch andere hiker nutzen diesen Ort zum Campen, das Wasser schwindet und ich texte schnell wie erwünscht der Trujillo Familie, die diesen Cache betreibt. Ich hoffe, dass sie ihn nochmals auffüllen, falls Mona Lisa es morgen bis hierher schafft. 

Nach ca 20 Minuten hören wir Motorengeräusche. Crystal, ein trailangel, ist sofort nach Erhalt meiner Nachricht losgefahren!! Wir haben Crystal vor ein paar Wochen am Mount Burro schon einmal getroffen, sie hat uns damals Spaghetti gebracht, die wir wolfsmässig verschlungen haben. Eine bemerkenswerte Frau, die wahrscheinlich in keinem Geschichtsbuch landen wird, aber es verdient hätte ;-).

Crystals Mann gehört zu den First-Nation-People, ist Navajo und sie wohnt bei ihm im Reservat. Zwar haben sie keine eigenen Kinder, dafür aber gleich 4 adoptiert. 2 der Kinder sind Geschwister und mussten mit ansehen, wie ihr Vater ihrer Mutter ein Messer in den Bauch jagte.  Die Mutter war schwanger… beide tot. Eines der Kinder ist zum Auffüllen mitgekommen und es macht sogar mir Kinder-Skeptiker Spaß, zuzusehen, wie dieses Kind fröhlich und selbstvergessen in der Gegend herumspringt. Ich glaube, die 4 haben es bei Crystal und ihrem Mann sehr gut! 

Der nächste 20 Meilen Tag ist ebenso eindrucksvoll in dieser Curry-Mondlandschaft. Aber auch anstrengend. Wir klettern immer wieder 150m hohe Mesas hinauf, haben eine gigantische Aussicht und klettern dann wieder hinunter, nur um später wieder hinaufzuklettern. In der Pause treffen wir in einem sehr idyllischen Canyon mit gutem Wasser wieder auf die anderen hiker. Abends beschließen wir, oben auf einem Tafelberg zu campieren, die Aussicht ist unfassbar, der Sonnenaufgang am nächsten morgen unvergleichlich. Von hier haben wir nur noch 6 Meilen zum Highway, dann müssen wir noch 5 Meilen an der Straße entlang und sind schon in der kleinen Stadt Cuba. Dreckig und stinkend gehen wir erstmal essen, ich hatte glaube ich noch nie so ein gutes Omelette!!!! Hungrig wie Wölfe verschlingen wir jeden Krümel und sind einfach glücklich. Bis wir uns entschließen, einkaufen zu gehen, hat der örtliche Supermarkt schon geschlossen, doch wir ergattern im „Dollar General“ noch eine Mikrowellenpizza, Chips und gefrorenen Cheesecake. Damit machen wir es uns abends ganz pervers im Bett gemütlich. Der nächste morgen spült irgendwann endlich Mona Lisa nach Cuba, wir sind froh, sie zu sehen und tauschen Geschichten aus. Wir treffen auch „Slowpoke“ und „Mishap“ wieder, die wir in Grants zurückgelassen haben. Mit dem Niederländer Alex bilden wir alle eine fröhliche Gemeinschaft im Café um die Ecke und merken vor lauter Wiedersehensfreude gar nicht, dass die armen Menschen schließen wollen! Deswegen verabreden wir uns gleich für abends in einem mexikanischen Café. 

Am nächsten Tag trennen sich unsere Wege, Mona Lisa möchte noch eine Nacht bleiben und wir fahren nach Santa Fe. Für Colorado ist es noch zu früh und durch die Sperrung des trails haben wir Zeit gewonnen. Für die 3,5 stündige fahrt zahlen wir zusammen 4 Dollar, soviel zum Thema Nahverkehr. In Santa Fe könnte man einige Zeit verbringen, hier kann man den Spirit New Mexicos direkt aufsaugen! Museen, Galerien, Kunst, Handwerk… ich wollte unbedingt ins Georgia o‘Keeffe Museum, nachdem ich schon ihre Ghost Ranch wegen der Sperrungen verpasst habe. Leider hat das Museum natürlich erst wieder an unserem Abreisetag geöffnet, unser Bus fährt aber schon um 8:00… immerhin schaffen wir es ins New Mexico Museum of arts, das auch einen Besuch wert ist und geschichtlich nochmals neue Eindrücke spiegelt. Wir spielen hier in dieser sonnigen, von Bergen umgebenen Kulturstadt Touristen, eine Auszeit vom Trailleben. Absolut positiv muss ich das international Hostel erwähnen, der beste Ort in Santa Fe! Vor 30 Jahren gegründet, leben der Gründer des Hostels ( ich nenne ihn den alten Seebär) und die Mitarbeiter alle hier unter einem Dach. Es ist wie eine Kommune mit wechselnden Gästen. Der Seebär macht mit dem Hostel keinen Profit, deswegen ist es sehr günstig. Dafür muss jeder Gast morgens eine kleine Aufgabe erledigen. Ich ziehe die Karte „Dusche Nr 4 reinigen“ Thomas hat den Küchenboden. Und das beste: wholefood beliefert das Hostel mit Lebensmitteln, welche sie nicht mehr verkaufen können. Wir haben so gut wie nichts kaufen müssen, haben uns nur aus Hostel Vorräten ernährt. Am Abreisetag putzt jeder sein Zimmer für die, die nach ihm kommen. Eine grandiose Idee, die dort wirklich funktioniert! Ich bin wirklich froh, an diesem inspirierenden Ort Zeit verbracht zu haben!

Was wir leider nicht mehr geschafft haben, ist der Besuch der Künstlerkolonie Taos. Dort hätte ich gerne das Mable Dodge Luhan Haus besucht ( man kann dort sogar schlafen!!!). Für alle Literaturinteressierten: Mable war eine KunstMäzenin und Schriftstellerin, aktuell geworden dieses Jahr durch das  Erscheinen des Buches von Rachel Cusk, „Der andere Ort“, Suhrkamp. Dort lädt die Schriftstellerin M. den bekannten Künstler L. In ihr Haus ein ….

Mabel hat dort H. D. Lawrence empfangen ( Lady Chatterley, der Fuchs bei Wagenbach, mexikanischer Morgen …..), eine Affäre mit ihm gehabt und dann das Buch „Lorenzo in Taos“ geschrieben. Na, alles klar? Aber die Campe-Leute wissen das sowieso alles …

Am Mittwoch verlassen wir Santa Fe, die Busfahrt nach Chama kostet uns : nichts !!!

Chama ist schon fast Colorado, der Rio Chama plätschert am Rande des Dorfes vorbei, die grünen Berge machen die Szene perfekt. Was für ein Kontrast zur heißen Wüste. Morgen geht es weiter mit Mona Lisa im Gepäck, bye bye New Mexico, hello Colorado!!!

Happy trails, happy foxes, happy life!

3 thoughts on “Days 33 – 41

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