Viva Las Vegas by Myrtis

Was in Vegas passiert, bleibt in Vegas. Ein paar Eindrücke möchten wir euch jedoch trotzdem nicht vorenthalten.
Unser Tag beginnt früh und eiskalt um 4 Uhr morgens, da wir Schnee vor uns haben und diesen am liebsten begehen wollen, solange er noch gefroren ist. Später wird es nämlich unschön. Wie schwierig es im Schnee ist, den Trail überhaupt zu finden, macht Mellows Start in den Tag deutlich: er verlässt den Campground etwas nach uns, läuft eine Weile, nur um später an einer tentside vorbeizukommen, die doch sehr jener ähnelt, auf der wir nachts geschlafen haben …. als dort auch noch Jackson vor seinem Zelt sitzt, wird ihm klar: er ist im Kreis gelaufen. Zum Schießen!!
Wir laufen ein paar Meilen und steigen dann vom ersten Stretch der Sierras über den Trailpass ab, kämpfen uns durch Schnee und meistern noch eine gar nicht so einfache Flussüberquerung, die ich so  locker hinlege, dass die jungen Buben schauen wie Schafe , weil sie viel länger dazu gebraucht haben und ich einfach rüberspaziere. Ist ja schön, dass die alte Frau mal in irgendwas besser ist als 29 jährigen Jungs! Schnee kann ich zwar nur mittelmäßig, aber Fluss läuft!!
Vom campground nimmt uns ein Trailangel mit nach Lone Pine, und die Fahrt ist wahnsinnig beeindruckend, da es ca 6000 Fuß nach unten geht, vom Eis in die Wüste. Ja, es ist heiss in Lone Pine , vor 2 Stunden war uns noch bitterkalt, jetzt legen wir Klamottenschichten ab. Wir frühstücken und teilen uns auf , Mellow und Joren hitchen nach Bishop, um das Auto zu holen, Benjamin, thomas und ich hängen rum, rauchen, stöhnen und warten auf Jackson , der langsamer als wir alle war.
2 Stunden später geht’s los, auf nach Vegas!
Wir fahren durch spacige Berglandschaften und Wüsten , 4,5 Stunden später taucht auf einmal mitten in der Wüste diese beeindruckende, bunte Kulisse wie aus dem Nichts auf. Wie eine Spielzeugstadt wirkt Vegas im ersten Moment. Endlich sind wir am Ziel , aber ein paar Männer ( ich nenne keine Namen ) haben schon wieder kein Gras mehr , also erster stop : dispensery.
Der zweite stop : Wallmart. Wir brauchen Klamotten, die uns wie normale Menschen aussehen lassen. Dann geht’s auf ins Plaza , duschen, umziehen, und schon können wir mit Getränken bewaffnet losziehen. Es ist so abgefahren, wirklich wie im Film. Jedes Hotel hier ist auch ein Casino, man darf überall rauchen, was mir sehr gelegen kommt, doch den Rauch riecht man eigentlich gar nicht, da immerzu Sauerstoff in die Räume gepumpt wird, damit die Spieler schön wach bleiben und weiter zocken.
Wir schwingen die Casino Tür auf, in meinem Kopf läuft „viva las Vegas“ in einer mariachi Version , die es glaub ich gar nicht gibt, Würfel klappern, kugeln rollen , überall piepen und blinken Automaten , die verheißungsvolle Gewinne anpreisen, lauter bunte Farben , die das Hirn überstrapazieren und beinahe explodieren lassen. Das totale Gegenteil zu unserem Trailleben.
Mellow und Thomas haben sich bei Wallmart für coole Hawaiihemden und Shorts entschieden und wirken mir ihren Sonnenbrillen und pct- Bärten und -Haaren wie abgezockte Kleinkriminelle, mit meiner Narbe im Gesicht und Zigarette füge mich mit Benjamin gut ins Bild ein. Uns folgen Jackson ( in seinen stinkigen Hiker Klamotten ) und Joren , der sich mit seinen Klamotten anpassen wollte. Statt coolem Hawaiihemd mit Blumen oder Tukans hat  Joren allerdings zu Bananen auf babyblauem Hintergrund gegriffen, kombiniert mit beigen Shorts. Während man uns am liebsten Feuer und ein Klappmesser reichen möchte, möchte man Joren einen Schulranzen und Riesenlutscher in die Hand drücken.
Mittlerweile ist es 23 Uhr, wir gehen essen und wandern auf der Freemont Street entlang, eine Vergnügungsmeile mit Riesenmargaritas , flying Fox und vielen abgefahrenen Verrückten. Ich habe noch nie so viele sehr beleibte Menschen in elektrischen Rollstühlen gesehen, wie in dieser Stadt. Kein Wunder, denn es gibt einen Burgerladen , in dem man umsonst isst, wenn man über 300 Pfund wiegt. In dichtem Gedränge schieben sich Omas mit sexy Klamotten, Dominas , ein langes, dürres Kiss-Double , ein Walter White Double , wunderbar mit gelbem ganzkörperanzug und einem Eimer mit blauen Kristallen , der dem Original täuschen ähnlich sieht zusammen über die Straßen. Ungewohnt ist es, dass man in Vegas auf der Straße Bier (in Bechern) trinken und überall rauchen darf. Wir tun beides , spielen Roulette und Black Jack und schlurfen um 4 Uhr nachts nach 24 Stunden auf den Beinen in unsere Zimmer.
Am nächsten Tag schlafen wir lange und gehen dann Burger essen. Danach ist jeder so voll, dass wir uns wieder ins Bett legen. Gegen 16 Uhr klopf es an unserer Tür und das ist mein Lieblings Joren-Moment : der brave Bubi stürmt etwas angetrunken und mit mehr Bier bewaffnet in unser Zimmer und kräht: „hey!! c’mon, let’s Play Bingo !“
Ok, Bingo , das Oma-spiel. Aber wir werden positiv überrascht: für 7 Dollar bekommen wir 10 spiele, 2 freigetränke ( ich nehme natürlich Champagner ) , Kaffee und Softdrinks zum refillen. Cool! Leider gewinnen wir mehrmals nur fast. Und schon bin ich voll dabei: wenn wir mit 7 Dollar schon mehrmals fast gewonnen haben, dann muss man doch mit mehr Einsatz einfach gewinnen! Deswegen spielen wir gleich nochmal, für 42 Dollar mit einem enormen plus an Gewinnchancen. Und gewinnen: nichts. Ich verfluche Bingo und schwöre, nie wieder zu spielen. Benjamin ist mittlerweile voll und ganz dem Black Jack verfallen und gewinnt auch einiges, nur um am letzten Abend alles wieder zu verlieren, könnte mich totlachen.
Die nächsten 2 Tage lassen wir es uns gutgehen, denn deswegen sind wir ja hier her gekommen: um Abwechslung vom Trail zu haben, um viel zu essen und zu feiern. Für die letzte Nacht ziehen wir auf den Strip und machen Touristen Programm : wir nehmen den Vulkanausbruch im Mirage mit, die Wasserspiele im Bellagio, den piano Wettstreit und wandern durch die Hotels, die echt abgefahren sind: es gibt das Excalibur, das wie eine Burg aussieht, das Flamingo mit ebendiesen in einem tropischen Garten und das Venetian, wo die Amis mal Venedig nachgebaut haben. Das finde ich besonders pervers. Man kann hier sogar Gondel fahren , inklusive singendem Gondolieri!!! Und das alles auch noch unter einem schönen falschen Himmel !!! Manchmal spinnen sie schon, die Amis! Ich möchte sogar ganz böse behaupten, dass manche Venedig vielleicht Europa zuordnen können, aber beim Land dann Schwierigkeiten haben. Aber: Venedig hat man dann schon mal gesehen, braucht also gar nicht mehr hinzufahren und sich durch Menschenmassen, Tauben und Reiseführer zu quälen.
Die Hotels auf dem Strip sind exklusiver als in der Freemont Street , und man möchte nicht wissen, was es kostet, die tropischen Gärten, riesen Blumenarrangements, Klein-Venedig und die prunkvollen Säle in Schuss zu halten. Auch nicht wissen möchte man, was nur in einer einzigen Straße in einer Nacht an Umsatz gemacht wird.
Vegas ist eine Stadt, die nur allein dem Vergnügen dient, erbaut, um die Menschen zu unterhalten. Das alles kann man hier 24 Stunden am Tag haben. Den Glamour der 50er und 60er sucht man vergebens, dafür stechen die vielen Obdachlosen und Veteranen ins Auge. Tagsüber betteln sie um Geld, mit dem dann abends wieder die Automaten gefüllt werden, immer auf der Jagd nach dem einen großen Gewinn, der doch irgendwann kommen muss. Jeden Morgen ziehen die selben Leute mit Meth-Gesichtern und einem Rollköfferchen mit Habseligkeiten durch die Straßen, wenigstens ist es hier so warm, dass die Menschen nachts nicht frieren müssen. Auch die aufgetakelten Omas schleichen sich im Morgengrauen nach Hause, die Schminke verlaufen, das Paillettenkleid glänzt nicht mehr, sondern wirkt einfach nur billig. Das krasseste war für mich eine sehr , sehr beleibte Frau, die oben ohne mitten auf der Straße stand und versuchte, ihr Kind zu stillen, so winzig wie aus dem Brutkasten. Viele Menschen stranden hier, weil sie nichts mehr haben, aber doch immer weiter auf den rettenden Jackpot hoffen. Die Menschen hängen hier schon früh am Morgen oder vielleicht immernoch an den Automaten. Für manche ist das das Highlight im Jahr, nach Vegas fahren.
Zum Abschluss gönnen wir uns noch eine Perversität: ein Buffet im Belvedere. 2 Stunden essen, was das Herz begehrt. Von Salatvariationen, Vorspeisen und Hauptgerichte über Krustentiere , Fleischberge und riesen Dessert-Wagen. Ich habe mir einmal einen Gang Scampis mit scampis mit scampis an scampis geholt ( tut mir leid Titia!!!). Den Dessertwagen haben wir alle mehrmals besucht. Und dann geschieht das Unfassbare: normalerweise schiebe ich Joren immer mein Essen hin, das ich nicht schaffe. Heute ist es tatsächlich umgekehrt. Joren ist total voll (haben wir noch nie erlebt) und ich esse seinen Kuchen auf. Da stimmt doch was nicht! (Am nächsten Tag war dann die alte Ordnung wiederhergestellt ).
Zum Abschluss lasse ich mich nochmal zum Bingo verleiten. Jackson und ich teilen uns ein Spiel , es gibt Getränke, Kaffe, Champagner und Doughnuts, und wir gewinnen!!!!!!!!! 280 Dollar ! Bingo ist mein Lieblingsspiel und ich liebe Vegas!!! Aber einmal im Leben reicht.
Für alle , die darauf spekulieren, dass wir in Vegas geheiratet haben: haben wir nicht, soweit ich mich erinnern kann… oder?
Manches bleibt dann doch in Vegas.

9 thoughts on “Viva Las Vegas by Myrtis

  1. Cooler Bericht, wart ihr dann in der Nähe von unserem Hotel damals? Das war doch auch in der Freemont Street.
    Du bist für die Scampis entschuldigt 😀 Dafür kannst du jetzt mit deinen Bingo-Fähigkeiten die alten Omis abzocken!

  2. Myrtis, wiedermal sehr gut geschrieben . Nach soviel Strapazen habt ihr euch Vegas verdient. Ihr habt ja noch einiges vor euch .

  3. Liebe Myrtis, die Hochzeit in Vegas ist nur echt mit Elvis( Imitat oder Original, egal). Aber vielleicht wartet Ihr ja nur darauf, mit Blumen im Haar in San Francisco…
    Ich wünsche Euch noch schöne Tage, einen Dodge, wenn die Füsse schmerzen, und am Ende des Tages eisgekühlte Coca Cola ( zuviel Champagner könnte zu spontanen Hochzeiten führen…)

  4. Ich liebe eure Berichte! Einfach genial, was ihr alles erlebt, und so toll, dass wir daran teilhaben dürfen! Bitte mehr davon…
    ganz liebe Grüße
    Claudia

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