Es ist der vierte Juli. Independence Day. Wir werden um viertel acht (07:15 für die Ausländer) zum Trail gefahren und bekommen daher nicht wirklich viel mit. Gedopt mit Vitamin I übersteht Thomas die beiden Tage recht gut. Landschaftlich ist die zweite Hälfte des 84. und die erste Hälfte des 85. ein absolutes, bergig, felsiges Highlight.
Wir kommen immer wieder an kleinen Bergseen vorbei und an dem ein oder anderen legen wir auch eine Pause ein. Am ersten Abend besuchen uns drei Rehe, die genüsslich um uns herum grasen. Besonders scheu sind sie nicht, aber zu Myrtis bedauern lassen sie sich dennoch nicht streicheln. Am zweiten Nachmittag liegen dann 6 Milen verbrannten Waldes vor uns. Hier sind buchstäblich alle Bäume abgebrannt. Viele stehen aber noch recht fest da. Einige aber liegen kreuz und quer herum, leider auch auf und über dem Trail. Das kostet dann doch mehr Zeit und wir schlafen außerplanmäßig unter einer Brücke.
Am nächsten Tag kommen wir nach Seiad Valley. Erstmal gibt es ein schönes Frühstück und das entschließen wir im RV Park zu zelten. Wir haben erst zehn Milen heute geschafft, aber Thomas sind beide Ohren zu gegangen und es steht einer der steilsten Anstiege Nordkaliforniens bevor. Da wir es so oder so nicht vor Dienstag nach Ashland schaffen, ruhen wir den Nachmittag über. Der Parkbesitzer lädt uns zum Fußball schauen am nächsten Morgen ein. Frauenfussball. Wir verstehen kurz die Welt nicht mehr, als uns klar wird, die USA stehen dort im WM Finale. Dennoch kommt uns die ganze Szene etwas surreal vor.
Trotz der Horrorgeschichten über wild und hoch wucherndes Poison Oak gehen wir am Tag 87 den Trail und nicht die Umgehung über die Straße, was sich als die richtige Entscheidung erweist, weil das Oak zwar anfangs vorhanden, aber sehr leicht zu umschiffen ist. Der 7,6 Milen ist zum Glück nur teils steil und sonst gemäßigt, aber dafür konstant. Es wartet aber eine Premiere auf uns, wir sind den Abend zum ersten Mal komplett alleine, nachdem wir unser Zelt aufgeschlagen haben. Es schauen lediglich ein Hirsch und ein Reh zum Dinner vorbei.
Tag 88 und wir haben weitere 100 Milen geschafft Außerdem verlassen wir fürs erste Kalifornien und sind nun in Oregon.
Tag 89 und wir gönnen uns ein Zimmer mit Jacuzzi in Callahan’s Lodge. Mit 130 Dollar inklusive Steuern ist das ein Schnäppchen exklusiv für PCT Hiker, und wir können nicht widerstehen. Abends trinken wir Bier mit Craig aus England, der in New York lebt. Auch er hat seinen Job gekündigt und möchte nun was neues anfangen. Er weiß allerdings schon was.
Nachdem wir Wäsche gemacht und den Jacuzzi zum zweiten mal benutzt haben, warten wir auf einen Trail Angel, der uns nach Ashland bringt.
Ashland entpuppt sich etwas als Enttäuschung für uns. Auf und wirkt die Stadt etwas steril. Thomas hat den ganzen Tag einen Bausparkassen Spot im Kopf, bei dem ein kleines Mädchen zu ihrem Erzeuger sagt : wenn ich später mal groß bin will ich Spießer werden. So wirkt es hier etwas auf uns. Bekannt für ihr Shakespeare Theater gibt es hier das Bard’s Inn, den Oberon oder auch das Sonnet. Es gibt einen Park in dem oft musiziert wird und es gibt an vier Abenden kostenlose Vorstellungen, meist Musik. Klingt soweit nett und ist es auch irgendwie, aber eben auch steril. Es gibt super resupply Möglichkeiten, es gibt eine gute Weinauswahl in den Läden, vier Dispensaries und auch sonst alles mögliche. Nur Alkohol und Zigaretten, dass gilt auch für Dampfer, sind quasi nirgends, inklusive unserem Hostel, erlaubt. Alkohol kann man zwar in Bars für treues Geld trinken, aber rauchen ist bis auf drei Meter vor jedem Haus verboten. Wir verstecken uns wie Schüler hinter dem Haus. Denn im Park wachen uniformierte Stadtwächter und passen auf, dass alles schön nach Vorschrift läuft. Wir hatten also keine andere Wahl. Was soll man machen? Alkohol gibt es nur in der Stadt, oder im General Store usw. Auch in Ashland schaut abends ein Reh beim Nachbarn im Garten zum Dinner vorbei.
Tag 91. Wir müssen erst zur Post. Wir haben noch nicht entschieden wie es ab Crater Lake weiter geht. Daher mal zur Sicherheit Essen für fünf Tage dorthin geschickt. Danach machen wir heute nur 13 Milen. Bis Montag Abend werden es 104, heute ist Donnerstag, relativ sicher.
Tag 92 ist relativ unspektakulär. Wir laufen 25 Milen größtenteils durch Wald. Abends werden die Moskitos wieder penetranter, die letzten Tage haben sie uns relativ in Ruhe gelassen. Wir greifen zu Deet. Das Zeug ist vermutlich das pure Gift, wirkt aber bei kleinen Schwärmen richtig gut, die Viecher lassen uns nach kurzer Zeit in Ruhe. Am nächsten Abend soll Deet alleine nicht mehr helfen.
Aber zuvor laufen wir am 93. Tag tells durch eine Vulkanlandschaft. Wären nicht auch grüne Bäume rund herum, könnte man meinen wir wären auf dem Weg in den Schicksalsberg. Abends zelten wir mit einem Pärchen aus Oregon, Section Hiker, am Squaw Lake. Die Moskitos fallen in Schwärmen über uns her. Daher gesellen wir uns an das Feuer der anderen beiden, das hilft zusammen mit dem Deet etwas.
Am nächsten Tag wird die Landschaft teils etwas felsiger und bietet hier und da ein paar schöne Ausblicke rund herum. Wir machen Pause an einem kleinen Gebirgssee und schieben auch so noch die ein oder andere Pause heute ein. 3 Milen vor unserem Tagesziel gibt es eine nicht verzeichnete Wasserquelle, aber eine Mile später kommt noch ein Creek, denken wir. Der ist nämlich eher ein Tümpel. Daher läuft Thomas noch die eine Mile extra, um vom Zeltplatz zum Ranger Creek zu kommen, wo es kaltes und gutes Wasser gibt. Zum Glück gibt es auf dem Weg dort hin keine Abzweigung, hier könnte man sich im Wald verlaufen und der Weg ist nicht in Guthook’s verzeichnet. Aber alles gut. Wir schlafen ganz alleine neben dem Trail, zusammen mit den Moskitos.
Schee das wir wieder was von euch hören, scheiß Moskitos ,habt ihr recht viele Stiche? Ihr seid einfach spitze.
40 Busserl an Tommes!
Happy Birthday, Tommes!
„The earth has music for those who listen.“ (William Shakespeare)
Thx for the bedtime stories and have fun dancing along to that special beat. Mella (with fam – mostly Andi)