Day 101 – 108

Es ist Sonntag und wir machen 25 Milen. Der Wald hat heute etwas Märchenhaftes, was vielleicht auch darin liegt, dass die Bäume hier etwas kleiner sind. Abends Moskitos. 

Zum Geburtstag schenkt Oregon Thomas dann einen der schönsten Abschnitte Oregon. Das mögen nicht alle so sehen, weil er auch beschwerlich ist, aber für Thomas ist der Tag perfekt. Sein 40.er wird ihm als der Ringgeburtstag in Erinnerung bleiben. Nein, es hat niemand einen Antrag gemacht. (Vielleicht sind wir ja schon verheiratet…), wir laufen im Auenland los. Wir überqueren saftige Wiesen und kleine Bächlein. Dann kommen wir an Moria vorbei, aber die Zwerge sind nicht da und wir finden anstelle des Eingangs nur Mithril Steine. Da, plötzlich sind wir an den Pforten Mordors. Wir erklimmen den Schicksalsberg, drängen tief in Saurons Schlund und Red Man sagt: „Joker, das Auge hat uns entdeckt. Vernichte ihn. Du musst den Einen vernichten bevor es zu spät ist, hör die Nazgûl nahen.“ „Vernichten, nein warum sollte ich das. Er gehört mir. Er ist Mein. Mein Schatz. Fox-um.“ Ungefähr so hat es sich wohl in unseren Köpfen abgespielt. Wir durchqueren eine traumhaft schöne Landschaft, das Obsidian Gebiet auf dem tausende kleiner Obsidiansteine liegen und schließlich eine riesen Lavalandschaft. Anfangs gibt es noch ein paar Sträucher und Bäume so dass die Szenerie zugleich kahl aber auch bunt ist. Die Lava sieht aus, als wäre sie gerade erst abgekühlt und ist weiß gesprenkelt, so als läge noch Asche drauf. Als besonderen Bonus gibt es heute nur wenige Moskitos, so dass wir abends noch gemütlich vor dem Zelt sitzen können. 

Nächsten Tag kommen wir in Sisters an. Baulich ist Sisters einer Westernstadt nachempfunden. Nicht ganz so klein wie wir nach den Erzählungen anderer Hiker gedacht hätten, aber immer noch erlaufbar mit genügend Resupplymöglichkeiten und Camping für 5 Dollar ist das Städtchen perfekt für Hiker, allerdings ist das hitchen rein sowie raus etwas schwierig, weil es ein paar Milen sind. Wir haben zweimal Glück. Beim rein hitchen kommt eine Hikerin vorbei, die mittlerweile in ihrem Van lebt und mal schauen wollte, ob sie zufällig anderen Hikern helfen kann. Auf dem Weg zurück versuchen wir eine Trailangel anzurufen, die allerdings gerade in Washington ist. Sie schreibt den anderen Angels, doch keiner meldet sich. Wir warten vor dem BI Mart. Eine Frau spricht uns an und bietet an uns zum Highway 242 zu fahren, Highway 20 ist ihr leider Zu weit. Dies würde aber bedeuten, dass wir 17 Milen noch mal laufen müssten. Wir lehnen dankend ab. Als die Dame aus dem Markt heraus kommt und uns immer noch wartend findet sagt sie, C’omon, I’ll give you a ride. Als wir sie dann fragen, ob wir ihr Geld für den Sprit geben können lehnt sie ab und schenkt uns auch noch Cliff Bars, die geilste Snacks überhaupt. Die Hilfsbereitschaft und Freundlichkeit der Menschen hier ist unbeschreiblich. Nachdem wir uns am Trailhead trennen, will Thomas seine Stöcke zusammen stecken, doch sie sind nicht da. Er hat sie beim hitchen immer im Rucksack, doch nicht dieses Mal, weil der Rucksack voller essen ist. Er sprintet daher querfeldein, springt über tote Bäume wie ein junges Reh und kommt genau in dem Moment unten am Highway an, als unser Engel vorbei fährt. Sie sieht ihn und er bekommt seine Stöcke. Glück des Tüchtigen. 

Wir machen noch 9 Milen, nächsten Tag 25, wir beobachten ein Reh wie es in einen Teich pinkelt oder kackt und am 108. Tag lassen wir uns zum Lunch ein Buffet in der Timberline Lodge raus. Für die Cineasten, hier wurden die Außenaufnahmen von Shining gedreht. 

Am Tag vorher gibt es aber ein Wiedersehen mit Mellow. Es ist schon später Nachmittag und wir haben ebenso wie er noch 5 Milen vor uns. Wir nehmen uns natürlich dennoch etwas Zeit und tauschen Geschichten aus. Er hat noch knapp 280 Milen mehr als wir, in Washington einigen Regen gehabt aber ist guter Dinge. Beim verabschieden beschließen wir, einen anderen Trail eines Tages zusammen zu machen. Es sind ja nicht alle Trails 2650 Milen lang. 

Vor Cascade Locks kommt es dann wieder zu einer schweren Entscheidung.

4 thoughts on “Day 101 – 108

  1. Schön dass Du einen schönen Geburtstag hattest Thomas. Nachträglich auch von uns noch viele gute Wünsche und vollends gutes Gelingen für die restliche Strecke und überhaupt eine tollen neuen Lebensabschnitt 40+. Wir waren nicht im Netz da auf Spitzbergen.
    Liebe Grüße
    Lotti und Friedrich

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