DER PCT – WARUM ZUM TEUFEL TUT MAN SICH SOWAS AN?????
Das ist normalerweise der zweite Satz, den wir zu hören bekommen, wenn wir anderen von unserem Vorhaben erzählen.
6 Monate Auszeit von Job und Leben! Da sind alle immer schwer begeistert. Wenn dann aber klar wird, dass wir nicht nur „ein bisschen wandern gehen“, sondern schlappe 4260 km vor uns haben, schaut man in sprachlose oder entsetzte Gesichter;-))
„Mietet ihr euch dann ein Auto oder einen Camper ?“, „Laufen? Jeden Tag??? Das geht doch gar nicht!!!“, „Aber ihr schlaft dann im Hotel, oder?“ „Na ja, da kann man ja auch immer mal mit dem Bus fahren. Und Urlaub machen.“ „Wo verrichtet ihr euer Geschäft?“
Teilweise finden Bekannte und Freunde die Idee toll und sind fasziniert. Andere Reaktionen sind „das schaffst du eh net!“, „Ich hol dich dann nach einer Woche ab“. Manche sind auch besorgt, vor allem um unser Leben:
„Wenn du stirbst, flieg ich rüber und bring dich um“, „Und wenn dich ein Puma frisst? Oder ein Bär? Ich bring dich um!!“ , „Gibts da Schlangen? Ich bring dich um!!“
Manche geben aber auch hilfreiche Outdoor Tipps und planen sogar, uns zu besuchen!
Ihr seht also, die Reaktionen sind sehr gemischt, aber spannend finden es alle!
Tja, warum tut man sich das jetzt an? Wie kamen wir auf so eine Schnapsidee?
Im Gegensatz zu Myrtis, die (wie die meisten wahrscheinlich) als Kind das Wandern verabscheut hat, ist Thomas schon immer gerne im Wald unterwegs gewesen. Ob zu Fuß oder auf dem Mountainbike. Mit Harry und Marco hat er später dann so einige denkwürdige Wanderungen erlebt. Damals war die Herangehensweise noch ein klein Wenig anders: Keine Karte, keine Navigation, kein Ziel und jeder eine Flasche Wein im Gepäck haben sie so einige Kilometer in Franken (und nicht zu vergessen: das Sieben Gebirge – was für uns Südländer nur schwer als Gebirge durchgeht…) abgerissen. Myrtis hat dann mit ca 30 Jahren das wandern entdeckt und gemeinsam wandern wir nun seid fast 4 Jahren! Mit Kollegen hat sich eine kleinere „Berge-Gruppe“ zusammen gefunden (Gruß an Karin, Christine, Ortrud, Harry, manchmal Micha und unsere Nachrückerin Lisa!), die mehr wollte: längere Wanderungen, härtere, schwierigere und vor allem Hüttenwanderungen. Hätte Myrtis jemand mit 20 gesagt, dass über einen wunderschönen Grat in den Alpen zu laufen, eins mit der unendlichen Stille und Schönheit der Natur zu sein und alles ,was man braucht, in einem Rucksack auf dem Rücken zu tragen, eine nennen wir es mal spirituelle Offenbarung ist, sie hätte ihm wahrscheinlich den Vogel gezeigt!
Wir beide wollten dann schnell noch mehr. Wir waren süchtig!!
Also, nächstes Ziel, 2016: Zugspitze! Ein halbes Jahr joggen und manche Wanderungen Vorbereitung und die Zugspitze wurde bezwungen. Auch ein sehr einschneidendes Erlebnis für uns beide, das man schwer in Worte fassen kann.
Als Myrtis 2016 aus den USA heimkam, wo ihre Schwester wenigstens zu ZWEI längeren Wanderung und Bergbesteigung überredet/ gezwungen wurde ;-)), war sie sich sicher: „ich will 2017 den Inkatrail laufen!“ Sind wir dann auch, und eine weitere Trekkingtour in der Cordillera Blanca, bei der Myrtis fast das Zeitliche gesegnet hätte;-)).
Aber nur fast! Zumindest haben wir beide viel dabei gelernt, über den eigenen Körper, über Höhe (das waren dann doch 5000 m), zu viel sportlichen Ehrgeiz, Risiko und Ehrfurcht vor der Natur.
Zu dieser Zeit entstand dann auch die Idee mit dem PCT, peinlicherweise wirklich durch den Film „Wild“. Ja, wir schämen uns!! (Der abgeshen von dem ganzen Rumgeheule der Protagonistin, dennoch Lust auf den Trail macht -Anm. Thomas)
Nach einem Glas Wein war Myrtis der Meinung, wir sollten das auch machen! Diese Idee hatte sich in ihr Hirn gefressen, für uns war es der nächste logische Schritt.
Thomas dachte damals, „Ja klar, natürlich will sie das nach nem Glas Wein!“, fand es aber auch nicht abwegig. Als sie dann ein paar Abende später immer noch davon redete, haben wir beschlossen, es zu wagen.
Warum ausgerechnet der PCT?
„The mountains are calling and I must go.“ (John Muir)
Am Ende einer Trekkingtour hatte sich in unseren Hirnen immer der Gedanke breitgemacht, wie schön es doch wäre, jetzt einfach so weiterzumachen. Die Freiheit und die Zeit zu haben, einfach weiterzulaufen, Tag für Tag. Reisen ohne anzukommen.
Diesen Traum können wir uns nun mit den 4260 km eindeutig erfüllen!
Dann ist da natürlich diese beeindruckende, unendlich weite und wunderbare Landschaft! Wir werden durch ganz unterschiedliche Klimazonen wandern, Wüste, Berge, Wald und das Hochgebirge mit dem höchsten Pass auf 4200 Metern. Wirklich mehrere Tage außerhalb der Zivilisation in der Wildnis verbringen und wandern, ohne in eine Stadt zu gelangen, ist in Deutschland nicht möglich.
Des weiteren ist es die große Faszination, alles, was man braucht, auf dem Rücken zu tragen und somit überall zu Hause zu sein. Die große Freiheit!
Und, was uns in den letzten Jahren immer wichtiger wurde: was braucht man eigentlich zum Leben?
Neues (oder überhaupt ein) Auto, schicke Wohnung, großer Fernseher, shoppen gehen, 27 Lippenstifte, die neusten technischen Spielzeuge, 45 verschiedene Hemden, 15 Restaurants in unmittelbarer Nähe, die Qual der Wahl zwischen 18 Tiefkühlpizzen im Supermarkt? Was benötigt man zum Glücklichsein?
Wir finden es spannend, herauszufinden, was mit einem selbst passiert, wenn man sich auf die wesentlichen Dinge konzentriert.
Über den PCT sagen die Menschen, die ihn gewandert sind :
„every day is like a postcard!“.
Also: nichts wie hin und loslaufen!