Days 16 – 21

Doc Campbells – Pie Town, trail mile 415
Time
In den letzten Tagen habe ich immer wieder ein bestimmtest Bild vor Augen, eigentlich ist es kein richtiges Bild, es existiert kein Foto, welches diesen Moment festgehalten hat, es ist ein Bild aus meinem Erinnerungspalast (sorry, Mr. Lecter, I got one as well!).
Die Erinnerungen dort sind hinter Türen verborgen, manche stehen einen Spalt breit offen, andere sind verschlossen. Für einige besitze ich einen Schlüssel, andere möchte ich momentan nicht öffnen. Über manche stolpert man einfach auf langen Fluren, andere wiederum sind bewegte, unförmige Schatten auf alten Wänden. Das Bild, das ich meine, hängt gerahmt an einer Wand, manchmal rücke ich es gerade, ein anderes mal entferne ich ein paar Spinnweben und tauche hinein und verstecke mich unbemerkt am Rand:
wir sind ungefähr seit 2 Wochen auf dem PCT, haben Regen, Sturm und Hitze hinter uns, wir haben Wasser gefiltert, catholes gegraben, Blasen bekommen, trailtowns besucht und haben das Gefühl, dass uns nun nichts mehr erschüttern kann. Wir sind unbesiegbar und unheimlich frei. Mellow zieht Rotz hoch und schaut mit seinen Adam-Green-Augen auf einen Punkt, den nur er sehen kann, Tereza mit ihrem katzenhaften Wesen schnurrt irgendetwas auf Tschechisch Richtung Lubos, Thomas thront über allem und kifft friedlich, Joren bereitet wahrscheinlich schon den nächsten Tag gedanklich vor und Benjamin und ich rauchen und scherzen wie uralte Freunde. Wie selbstzufriedene Echsen aalen wir uns unbekümmert in der Sonne und fühlen uns so stark, weil wir schon alles erlebt haben.
Ich weiß nicht, warum ich ausgerechnet dieses Bild aufgehoben habe, vielleicht weil es so unschuldig ist. Ich weiß nur, dass ich mich momentan ähnlich fühle. Angekommen.
Doch auch auf dieser Etappe erwarten uns neue Herausforderungen, als wir wieder zum Gila River hinabsteigen. Fast sieben Tage sind wir in dieser wunderschönen Wildnis unterwegs, der Fluss schlängelt sich weiter und weiter durch hochaufragende Schluchten, gräbt sich durch Zauberwälder.   Tagsüber müssen wir ihn immer wieder queren, nachts gluckert und flüstert er uns uralte Geschichten von mutigen Apachen-Kriegern ins Ohr. Friedlich baden wir eines mittags noch in einer hot spring, als sich nachmittags unter den hikern die Nachricht eines Feuers verbreitet. Viele sind wir momentan nicht, vielleicht eine Hand voll Menschen, die wir ab und zu sehen und natürlich hat niemand hier draußen Empfang auf seinem Handy. Wir beschließen mit „sin nombre“, „milkman“ und „blink“, weiter zu laufen und hoffentlich aus dem Canyon zu sein, bevor das Feuer dort ankommt. Dort eingekesselt zu sein, wäre fatal. Nach fast 12 Stunden laufen, schlagen wir kurz vor 20 Uhr an diesem Tag  endlich unser Zelt auf. Wir haben es geschafft, wir haben den Canyon hinter uns gelassen. Doch nun können wir das Feuer sehen, können es riechen. Dunkle Rauchschwaden steigen hinter den Bergen auf. Nachts lodern die Flammen rot am Horizont und uns ist schon ziemlich beängstigend. Gut schlafen wir nicht, ständig glauben wir, ein Knistern zu hören, glauben, die Hitze zu spüren. Am nächsten Morgen steigen keine Flammen mehr auf, es weht nur noch Rauch hinüber zu uns und wir fühlen uns wieder sicher. Nach etwa 6 Meilen treffen wir zwei nette Männer vom National Forrest Service, welche die hiker ein Stück weiter nach Norden fahren, um sie aus dem kritischen Gebiet zu bringen. Unser Fahrer erzählt uns von den mexikanischen Grauwölfen, die hier in der Gegend leben und die vom ihm persönlich gechipt werden. Das wäre wohl mein Traumjob!
Die nächsten Tage sind hart, unsere Rucksäcke sind schwer, da wir Essen für 7 Tage schleppen, plus sehr viel Wasser,
da die nächste water source, oder besser, der nächste Kuh-See oder Tümpel  oft 20 Meilen entfernt ist. In den letzten Tagen ist es so windig, dass wir abends sofort in unser Zelt flüchten und auch nichts mehr kochen können, die Nächte sind eiskalt.
In den letzten 2 Tagen verbreitet sich ein anderes Lauffeuer: Gerüchte über eine Ranch für hiker, eine Oase in der unbarmherzigen Wildnis. Die Vorfreude ist überall zu spüren, sie brodelt, sie vibriert, jemand weiß, dass man dort duschen kann, ein anderer spricht von einer Ladestation, der Freund eines Freundes hat gehört, es gäbe dort Eier und Bohnen!! Für mich hört sich das ganze wie eine Falle an! Aber ich habe wohl zu viele grenzwertige Filme gesehen und meine Phantasie geht mit mir durch…
Endlich erreichen wir am Donnerstag Abend die Ranch, es gibt Duschen, Waschmaschinen, Trockner, Wasser, Kühlschrank, Eier, Kartoffeln, Bohnen ….
Tereza hat für uns gleich mal etwas mitgebraten, wundervoll!! Nach einem sehr entspannten Abend haben wir am nächsten morgen „nur“ noch 14 Meilen vor uns, dann erreichen wir endlich Pie Town. Dort werden wir uns nun erst mal mit jeder erdenklichen Art von Pie vollstopfen!!
Happy trails, happy foxes, happy life!

8 thoughts on “Days 16 – 21

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