Days 1-5

1. Etappe : CDT monument – Lordsburg 

85m/ 135km
Quicksand
Die staubige Straße führt an unserem Motel vorbei und zieht sich bis zum Horizont, der Himmel ist strahlend blau, nicht eine Wolke ist in Sicht. Die Sonne brennt unbarmherzig hier im Süden von New Mexiko, wenn du nicht aufpasst, verbrennt sie dich gnadenlos, du hast keine Chance. Ein Auto kommt vorbei, hält an und wirbelt Sand und Staub auf. Ich sitze auf der schattigen Terrasse unseres abgefuckten Motels und bin glücklich und zufrieden mit der Welt, denn ich habe Kaffee und meine Zigarette. Eine Frau steigt aus, zündet sich auch eine Kippe an und wir unterhalten uns über den CDT und die erste Etappe:
Nach unserem Wiedersehen mit Ljubos, Tereza und Mona Lisa verbringen wir den Tag mit Vorbereitungen, checken ab und an die prall gefüllte Hikerbox und tauschen uns mit anderen aus. Wie eingestaubte und etwas dreckige Ameisen treffen nach und nach hiker ein, die die 1. Etappe nun hinter sich haben. Die Glücklichen! Als die untergehende Sonne das Ende eines weiteren heißen Tages einläutet, gibt es das letzte Bier, den letzten Mango Margarita, den letzten Wein für die nächsten Tage und wir gehen früh ins Bett, unser Shuttle fährt um 06:30.
Am nächsten Tag sitzen wir dann alle etwas angespannt in Cal‘s Truck, die meisten hiker sind muskulöse Männer in den 40ern, einsame Wölfe. Es sind wenig Frauen unterwegs, das macht mich etwas nervös. Bin ich hier richtig?
Unser Fahrer Cal sieht eher aus wie jemand aus einem Tarantino Film, der sich mit den Worten „hey, I‘m Snake“ oder „you can call me crazy knife“ vorstellt. Er unterhält sich mit Dan über Bären und hiker, die sich verirren oder einen Hitzschlag bekommen. Ich und Mona Lisa möchten das gerade nicht hören. Dann erzählt er uns, dass sein Ur-, Ur-, Urgroßvater der Stiefvater von Billy the Kid war, vielleicht steckt ein Körnchen Wahrheit dahinter.
Am monument angekommen werden noch ein paar Fotos gemacht, Stöcke ausgefahren, Hüte aufgesetzt, Rucksäcke festgezurrt und dann geht es los, die ersten Schritte auf dem neuen, unbekannten Trail, und mit jedem Schritt weicht die Anspannung der letzten Tage aus meinem Körper, mit jedem Meter fühle ich mich leichter, mit jeder Minute freier.
Der erste Tag ist gnädig zu uns, auch wenn wir das zu diesem Zeitpunkt noch nicht realisieren. Es ist etwas bewölkt und ein wunderbarer Wind begleitet uns. Die Wüste hier ist wunderschön und deprimierend zugleich, eine allumfassende Ödnis. Doch die Weite hier ist gigantisch! Wir legen ca 14 Meilen bis zum ersten water cache zurück. Insgesamt gibt es bis Lordsburg 5 water caches, die von Cal und anderen Fahrern gefüllt werden. Ohne diese wäre die Wanderung unmöglich. Wir sind äußerst zufrieden mit uns und beschließen, dass etwas über 14 Meilen für den 1. Tag genug sind und schlagen unsere Zelte auf. Die Nacht spannt über uns ein Zelt aus 1000 Sternen auf und der riesige Vollmond verwandelt die Wüste in ein silbernes anderes Land.
Am Morgen stehen wir früh auf, wir wollen die Hitze umgehen und starten um 06:00. 11 Meilen und ein etwas monotoner Road Walk trennen uns vom nächsten Cache. Mit Ljubos und Tereza fliegen wir im Morgengrauen kleine Wüsten-Hügel hinauf und hinunter, ansonsten ist der Trail hier unten angenehm flach. Es wird mit der Zeit ganz schön heiß, obwohl die Sonne noch tief steht. Als wir beim Cache ankommen, ist die Enttäuschung groß: kein Schatten weit und breit !!! Es ist nicht auszuhalten, also überqueren wir den Highway und finden dort eine Wandertafel, an welcher wir mit unserem ground sheet ein kleines, schattiges Dach basteln. Zwei andere hiker kopieren unsere geniale Idee. Wie Vampire hocken wir in unserem kleinen Reich und wagen vier Stunden lang nicht, dieses zu verlassen. Zu gefährlich ist die Sonne.
Am Morgen haben wir Cal mit der nächsten hiker-Fracht getroffen und er hat uns erzählt, dass Dan einen Hitzschlag hatte und er ihn später am 1. water cache abholt.  Später erfahren wir, dass zwei andere hiker ebenfalls gerettet werden mussten. Das stimmt uns alle nachdenklich und auch traurig, da Dan, wie wir später erfahren, den Trail abgebrochen hat, und nach Texas zurück geflogen ist. Schon am 2. Tag hat sich also unsere Gruppe dezimiert. Dafür haben wir nun „Cleansweep“ dazubekommen.
Gegen 17:00 hiken wir dann doch weiter, in 2,6 Meilen soll ein Wassertank stehen, der Schatten verspricht. Und tatsächlich, nach ca einer Stunde in der Hitze erscheint eine hiker Oase : vor dem Wassertank liegt nämlich auch ein kleiner, dreckiger Tümpel, aus dem die Kühe trinken. Diese ergreifen erst einmal die Flucht. Zu seltsam scheinen diese komischen Menschen für sie zu sein, die sich unter ihren Wassertank kauern. Später laufen wir noch ca 3 Meilen und finden im Abendlicht einen schönen Platz zum Zelten.
Der 3. Tag ist übel, auf uns warten ca 10 Meilen bis zum nächsten Wasser, die Sonne brennt so gnadenlos, dass ich schon mittags höllische Kopfschmerzen habe. Es ist unerträglich. Beim 3. water cache bauen wir uns wieder Schatten, diesmal kauern wir bis nach 17:00 in unserer Festung.
Sobald wir weiterlaufen, wird mein Schädel wieder schlimmer. Die Landschaft, die wir durchstreifen, ist so unwirtlich wie Mordor, die Sonne das lidloses Auge, ein stechender Feuerball.  Meine Gedanken sind düster, mein Schädel zerspringt, mir ist schwindlig und ich torkele. Mittlerweile bleibe ich alle 20 Meter stehen und würge, da ich aber fast nichts gegessen habe, ist das zwecklos. Vielleicht falle ich gleich einfach um, klappe zusammen wie eine Marionette, der man die Fäden durchschneidet. Das wäre schön, sagt die Stimme in meinem Kopf und lacht hysterisch. Nach 2 Meilen gebe ich zu, dass ich wohl kurz vor einem Hitzschlag bin und wir schlagen unser Zelt auf, während die anderen beiden weitergehen.  Thomas bläst meine Matratze auf, ich lege mich hin und sinke hinab in einen Fluss aus wohltuender Dunkelheit. Später kann ich sogar noch eine tortilla mit nichts essen. Alles ist gut.
Um die Tschechen einzuholen, stehen wir eine Stunde früher auf, mir geht es gut und es ist angenehm kühl, am Himmel sind Wolken. Wir erreichen den 4. Cache sogar vor Ljubos und Tereza und kauern uns in den Schatten, den die Cache Box wirft. Dann treffen die beiden ein und bald spuckt die Wüste auch Mona Lisa und Cleansweep aus. Und dieser wunderbar schattige und windige Tag hält noch eine Überraschung für uns bereit. Nach ca 1,5 Meilen entdecken wir ein Auto. Ein Auto in der Wüste? Trailmagic!!!!!!!
Apple ist für 12 Tage hier, ein älterer Herr, der einfach so in die Wüste fährt, ganz alleine in der Hitze ein kleines Partyzelt ein paar 100 Meter weit schleppt und aufstellt, und danach eine riesige Kühlbox mit Getränken und Eis ebenso dorthin schleppt. Und donuts. Einfach unglaublich. Eventuell werden wir ihn in Colorado wiedersehen, dort macht er dann auch Trailmagic.
Der nächste anvisierte Halt ist der einzige Baum in 20 Meilen, das ist kein Scherz. Dort legen wir alle wieder eine Hitze-Pause ein. Eigentlich wollen wir heute nur noch 3 Meilen laufen, wir haben schon 16,5 hinter uns. Das Problem ist nun nicht die Sonne, sondern der Wind. Keine Chance, ein Zelt aufzubauen. Nach 21 Meilen kann ich keinen Schritt mehr tun, aber der Trail kennt keine Gnade. Auf einem roten Stein übersehen wir fast einen rattler!!  Ein schönes Exemplar, zischend, rasselnd und grün. Als die klapperschlange merkt, dass wir ihr nicht schaden wollen, zischt sie noch einmal herum und rollt sich dann wieder ein. Nach sagenhaften 23 Meilen/ 36,8km stoßen wir auf Ljubos und Tereza und zelten alle zusammen in einem kleinen, fast windstillen Canyon.
Am letzten Tag dieser Etappe sind wir super gut gelaunt, heute gehen wir in die stadt!! Seit Tagen überlegen wir uns schon, was wir alles essen. 7 Meilen zum letzten water Cache, danach ein Road Walk von ca 7 Meilen. Nach 4 Tagen und 2 Stunden sind wir unglaubliche 85 Meilen gelaufen ( 136 km) und sind super zufrieden mit uns. Jetzt erst einmal die Wunden lecken und ausruhen.
Happy trails, happy foxes, happy life

6 thoughts on “Days 1-5

  1. Hey,dass ist wahnsinn was ihr beide da leistet. Myrtis ich liebe deine Berichterstattung,ich fühle mich mitten unter euch,als wäre ich dabei. Also viel Wasser, schleppen und trinken ,und Pausen machen. Viel Glück für die nächste Etappe.

  2. Super! Ach wäre ich doch noch etwas jünger und hätte diese weltoffenene, mutige Umgebung. Viel Kraft und einschneidende, lebenslängliche Erlebnisse und Erfahrungen.

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