Pine to Flagstaff

Feed my Frankenstein

Nicht nach Liebe, sondern nach handfesten Kalorien und Proteinen hungert es mich mittlerweile eigentlich rund um die Uhr.(Anm. d. Red. : aha, interessant und gut zu wissen!)(Anm. d. Verfassers: da kennt wohl die Redaktion nicht den Alice Cooper Song). Man nennt es einschlägig: hiker hunger. Während die Landschaft an mir vorüber zieht, denke ich an meine berühmte Pasta Bolognese alla Tofu, an die (auch mit Tofu) gefüllten Quitten aus Karins Garten, an meine neueste Entdeckung: einen Kuchen aus Kichererbsen, Erdnussbutter und Schokolade, eigentlich an alles, was ich gerade gerne essen würde. Meine Tagesration für die 6 Tage von Pine nach Flagstaff ist sehr übersichtlich. Morgens einen Riegel mit 20 g Protein, in der ersten Pause getrocknete Bohnen, die ich vorher in kaltem Wasser eingeweicht habe, in der Mittagspause dann ein ebenfalls kalt eingeweichtes Reisgericht von Knorr, 3. Pause wieder einen Proteiregel und zum Abendessen eine Tortilla mit Erdnussbutter bestrichen und mit einem Knuspermüsliriegel befüllt. Mich stört gar nicht so sehr die Eintönigkeit, eher, dass es so wenig ist. Interessanterweise essen wir beide in der Stadt dann viel weniger, als man denken könnte. Vermutlich weil wir auch immer gleich so schnell satt von normalen Portionen sind. Immerhin gibt es lauter gesundes Zeugs in der Stadt um dem Skorbut vorzubeugen.

Der Weg wird ab Pine deutlich einfacher. Die ersten zwei Tage gibt es noch ein paar kleine Anstiege, aber danach wird es richtig flach. Also nicht Arizona, aber der Trail verläuft nun bis zum Grand Canyon sehr eben, mit sanften Aufs und Abs. Dazu ist der Boden oft auch angenehm weich, was unseren lädierten Füßen sehr entgegenkommt. Unsere Schuhe sind mittlerweile durchgelaufen und wir sehnen Flagstaff und zwei neuen Paaren entgegen. An einigen Stellen hat hier bis vor ein paar Tagen noch Schnee gelegen, was den Boden zwar wie gesagt weicher macht, aber die Wassersituation leider nicht besser. Am zweiten Tag laufen wir quasi am Wasser entlang, aber schon am dritten Tag ist es mit der Glückseligkeit auch schon wieder vorbei. Wir campen, abgesehen vom ersten Abend, immer trocken und an zwei Abenden schleppe ich am Schluss sogar fünf Liter mit mir, zwei in der Hand. Da wir an beiden Abenden dann auch noch weiter laufen müssen, als geplant, hat das auch richtig Freude gemacht. Am ersten Abend sitzt eine Familie neben Auto und Zelt an der Stelle, wo wir schlafen wollten. Es läuft ein Generator und jeder der vier schaut in sein Handy. Gut, dass sie wenigstens draußen sind:). Am fünften Tag kommen wir schließlich nicht mehr drum herum, aus einem Kuhweiher zu trinken. Um genau zu sein, aus zwei Weihern, die gerade mal fünf Meilen auseinander liegen und die diesen Tag unsere einzigen Wasserquellen sind. Immerhin ist das Wasser nicht braun, sondern nur etwas grün/ gelblich, Geschmack neutral. Da hat das Wasser aus dem Gila definitiv schlechter geschmeckt. An zwei Tagen gibt es aber auch klares Brunnenwasser auf insgesamt drei Zeltplätzen. Die liegen natürlich geografisch nicht besonders günstig, zwei wieder nur 5 Meilen auseinander und für den Tag ebenfalls die einzigen Quellen, aber das Wasser ist hervorragend.

Am vierten Abend schlagen wir unser Zelt an einer großen Waldlichtung auf. Ja, nachdem es am zweiten Tag noch etwas karg war, laufen wir jetzt viel an Bäumen vorbei. Leider auch immer wieder durch sogenannte burned areas, wo in den letzten Jahren immer wieder mal das Feuer gewütet hat. Manchmal hat es nichts verschont, manchmal stehen die Bäume aber noch, tragen grüne Blätter, nur der Boden um sie herum ist schwarz und die Sträucher komplett verbrannt. Als ich in dieser Nacht nochmal für ein kleines Geschäft aus unserer Schlafhöhle heraus muss und mit der Stirnlampe vor mich hin leuchte, sehe ich am anderen Ende dutzende Augenpaare, die mich anzustarren scheinen. Da wir kurz vorher ein Geheul gehört haben und nicht sicher waren, ob das Hunde von den nicht so weit entfernten Campern oder Wölfe sind, geht bei mir das Kopfkino los. Vielleicht hat uns da ein riesen Rudel umzingelt und wartet nur auf den Befehl zum Angriff. Oder die Waldbewohner haben sich zur Party versammelt und denken sich jetzt, diese blöden Menschen nehmen uns auch alles weg. Als uns am nächsten Morgen eine Herde Wapitis kreuzt, die man hier Elks nennt, was verwirrend ist weil Elche hier Moose heißen, denke ich, vielleicht waren die das gestern Abend. Auch am nächsten Abend gibt es einen netten Besuch. Wir haben gerade gegessen, als auf einmal zwei Gabelböcke an uns vorbei springen. Und das sieht wirklich lustig aus, wie die springen können. (Anm. d. Red.: wirklich wie im Comic! Doing, doing, doing)

Zum Schluss gibt es noch zu erwähnen, dass unsere beiden Isomatten Luft verlieren. Besonders ärgerlich ist, dass meine nagelneu war, als wir den Trail gestartet haben. Bei beiden Matten konnten wir (und die Jungs beim REI) kein Loch finden und wir liegen auch beide nicht am Boden, wenn wir aufwachen, aber es stimmt was nicht und das verfluchte Ding war teuer. Früher habe ich unter anderem wegen sowas auf einer Z-Lite geschlafen, quasi ein besserer Eierkarton. Aber man wird älter, und bequem ist meine Exped ja schon…

Aber blicken wir lieber wieder auf die erfreulichen Dinge. Noch 230 Meilen und wir sind schon durch. Und die nächste Haltestelle heißt Grand Canyon!!!

3 thoughts on “Pine to Flagstaff

  1. Da habt bestimmt wieder einiges abgenommen. Aber ihr seid hart im nehmen, die 230 Meilen schafft ihr natürlich auch noch. Was kommt danach?

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