Days 123 – 128

Butte – Helena (108 Meilen)

Sunday (Bowie, Heathen)

Vier Monate hiken fordern langsam ihren Tribut: zu Beginn des trails war es am „townday“ das Großartigste für uns, mit anderen hikern zusammenzusitzen oder/ und um die Häuser zu ziehen. In Butte haben wir 1,5 Tage frei und liegen (nachdem wir die üblichen Dinge wie Frühstück, duschen, Wäsche, resupply, Planung, Post, blog, Fotos erledigt haben) eigentlich nur im Bett, schlafen und essen. Jedesmal wenn ich mich aus dem Bett erhebe, kann ich kaum laufen, alles tut weh. Außerdem sind wir alle mittlerweile sehr verstreut: 

-Lubos und Tereza sind weit hinter uns, nun mussten sie auch noch 2 Tage frei nehmen, da Tereza eine Zerrung an der Leiste hat. Wahrscheinlich werden wir uns auf dem Trail nicht mehr sehen. In meiner Vorstellung laufen wir immer zu viert zum Monument. Da die beiden aber nach dem Trail erstmal zurück nach Tschechien fliegen, bevor sie nach Kanada zurückkehren, werden sie uns in Nürnberg besuchen. 

-Coffeebreak hatte in Wyoming Corona und musste eine Woche aussetzen. Nun ist ihm durch die Zeit im Hotel das Geld ausgegangen und er versucht, auf kürzestem Weg ( Straßen und Highways) ans Ziel zu kommen, um Geld zu sparen. Er ist schon im Glacier Nationalpark, wir werden uns nicht mehr sehen. Vielleicht im nächsten Leben. 

-Detour macht seinem Namen alle Ehre und läuft sämtliche Umwege durch ganz Montana. Er versucht gerade, nach Butte zu kommen. Da er viel schneller ist als wir, besteht eine Chance, dass er uns einholt. 

 

Darüberhinaus ist momentan überall eine Art von Trailmüdugkeit zu spüren. Sie liegt in der Luft, infiziert uns alle. Wir alle sind fertig, sind durch, die Nero und Zero Tage reichen nicht mehr aus, um sich zu regenerieren, die Nächte nicht mehr, um sich zu erholen. Viele hiker, die wir auf unserer Reise getroffen haben, und die viel besser, jünger, fitter sind als ich, geben gerade auf:

-Cody, eine super motivierte, immer gutgelaunte junge Frau mit Beinen aus Stahl, 1800 Meilen 

-Your honour: ein junger Anwalt, super sportlich und schnell, 2100 Meilen

-Hanna: ist auf dem PCT 2019 Ende Mai mit eisernem Willen direkt durch die verschneiten Sierras gelaufen. Sie ist nicht mehr auf dem Trail. 

-Lush: super hikerin aus Dänemark. Ihr hiking Partner war verletzt, sie ist nach Hause gefahren. 

-Critter:  lief 30-35 Meilen Tage. Ermüdungsbruch, so kurz vor dem Ziel. 

-Mercury: ein älterer hiker, Fuß kaputt. 

 

Besonders Cody hat mich geschockt, ich dachte immer, wenn irgendjemand das durchhält, dann sie. 

 

Und wir sind noch hier, müde, erschöpft, täglich kämpfend, aber noch hier. Manchmal kann ich selber nicht glauben, wie wir uns langsam weiter und weiter Richtung Ende schleppen. Jeden Morgen, wenn der Wecker um 5 Uhr oder wahlweise früher klingelt, würde ich in diesem Moment alles dafür geben, einfach weiterschlafen zu können. Ich bin müde, so wahnsinnig müde.  Aber wir erheben uns, ziehen uns im kalten Zelt an, packen unsere Sachen, falten das Zelt zusammen und laufen im Dunkeln los. 360 Meilen noch. Je näher wir dem Ziel kommen, desto mehr Angst habe ich. Dass etwas passiert, ein Sturz, ein Bruch. Keine Kraft mehr zu haben. Einfach umzufallen.  Und besonders vor dem Ende. Dem Ende von allem. 

Ich will, dass es endlich vorbei ist. Und ich wünsche mir, dass es für immer weitergeht.

 

In Butte bekomme ich eine neue Matratze und Thomas neue Schuhe. Da unsere Augen mal wieder zu groß waren, versuchen wir, am Morgen noch unser restliches Abendessen zu verspeisen und müssen 2 Liter Rotwein mit auf den Trail nehmen. Es gibt Schlimmeres, aber 2 Liter Wein sind auch 2 Kilo Gewicht!!!! (Wobei John immer sagte, Alkohol hat ja eine geringere Dichte als Wasser…., also evtl nicht ganz 2 Kilo)

 

An diesem ersten halben Tag geht es rauf und runter durch die mittelhohen Berge Montanas, unseren Weg säumen riesige boulders. Überall locken schöne Zeltplätze unter riesigen Felsen und wir geben dieser Verlockung nach ca 11 Meilen nach und trinken noch gemütlich unseren Rotwein. So treffen wir auf „Mummy“, einen sehr lustigen Franzosen, der auch 2019 auf dem pct war. 

Mummy dachte damals, es sei eine gute Idee, den pct mit normalen, schweren Wanderschuhen zu laufen. Nach der Wüste hatte er blaue Fußnägel und 1000 Blasen, seine Füße waren so geschwollen, dass er nicht mehr in seine Schuhe kam. Deswegen hat er sie bandagiert und ist ohne Schuhe in die nächste Stadt gelaufen. Wie eine echte Mumie. Später in den Sierras brauchte er 3 Stunden, um in Eis und Schnee den Mount Whitney zu erklimmen, ist oben ausgerutscht und benötigte dann nur 2 Minuten Fall nach unten. Hat überlebt und war wieder bandagiert wie eine Mumie. 

Die nächsten 4,5 Tage sind nicht super-anstrengend, doch bestehen aus PUDs, „pointless ups and downs“. Man steigt eine Mittelgebirgserhebung nach oben, kein wirklicher Gipfel, keine besondere Aussicht, dann steigt man wieder ein Stück ab, nur um in der immer größer werdenden Hitze wieder den nächsten Berg hinaufzusteigen. Langweilige, doch zumindest kühle Waldwege wechseln sich ab mit der Hitze extrem ausgesetzten, feucht-heißen Stroh-wiesenähnlichen Erhebungen. Und es geht nach oben, immer nach oben. Auch mit dem Wasser ist es nicht so einfach auf diesem Stretch, einmal hängen wir ewig an einem dünnen Strahl, der über einen Grashalm nach unten tropft. 4,5 Tage laufen wir durch diese unglaublich langweilige Wiesen-Wald-Ödnis ohne Aussicht. Positiv zu erwähnen ist hier 3(!!!) mal trailmagic mit Limonade. Und abwechslungsreiche Gespräche mit Mummy, immer wenn wir aufeinander treffen. Und so nebenbei haben wir die 3000 km geknackt. 

Endlich laufen wir nach 108 Meilen und nach 4,5 Tagen zum Highway nach Helena und bekommen auch nach einiger Wartezeit einen hitch von einer Dame, die auf dem Weg in die Kirche ist, in welcher ihr Sohn der Pastor ist, die schon Urgroßmutter ist, aber dank amerikanischer Pillen, Tinkturen oder Schnippeleien aussieht wie Ende 50. 

Wir fallen in ein Café ein, bestellen veggie omelette und pancakes. Unsere waitress versucht uns 2 mal zu sagen, dass das vielleicht zu viel sei, doch wir sind hiker!

Kein Problem für uns, Mona Lisa muss sogar noch eine Zimtschnecke nachbestellen. Im Hotel warten auf mich meine neuen Schuhe, hoffentlich die letzten! Wir buchen schon einmal ein günstiges Ferienhaus in Augusta, unserer nächsten Stadt in 125 Meilen, sowie unseren letzten Aufenthalt in East Glacier Village, 130 Meilen weiter. Von dort sind es noch 100 Meilen bis zum Monument. 

Keep on hiking!

Happy trails, tired foxes, but still extremely happy life!!

Trailmile: 2617 –  Foxmile: 1897

7 thoughts on “Days 123 – 128

  1. Servus liebe hiker,

    eure Erlebnisse sind echt krass zu lesen.
    Wir wünschen weiterhin vor allem viel Gesundheit, Liebe, Glück und happy miles!
    Eure C&H

  2. Hey, Ihr beiden Superfüchse, dieses letzte Stück schafft Ihr auch noch( ich sage bewusst nicht: locker). Denn für alle, die in good ol‘ Europe auf ihrem Sofa wandern ist klar: nach dem Trail ist vor dem Buch . Und dem Film . Die Frage ist nur: wer spielt Euch ?
    Alles Liebe, Nic

  3. ihr. seid einfach Spitze. Dies wusste ich damals schon , so vor gefühlten hundert Jahren, als ich Euch als Mitarbeiter einstellte. Noch alles Gute und bis bald in Old Germany – Herzlichst Hans

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