Das Finale

Two roads diverged in a wood, and I—
I took the one less traveled by

(Robert Frost)

Die letzten Tage eines trails sind immer seltsam. Man möchte das ganze endlich hinter sich bringen, aber eigentlich auch immer weiter laufen. Ein Leben nach dem Trail kann man sich einfach nicht vorstellen.
Auf dem CDT fand ich es besonders schwer, loszulassen. All die Erlebnisse, die harterkämpften Meilen, die Begegnungen ….
Wir waren uns beide einig, dass der Arizona Trail in der Hinsicht anders sein wird: wir haben ja „nur“ 2 Monate mit ihm verbracht. Der Abschied ist nicht so emotional nach dieser Zeit, und da der Trail noch zu den unbekannteren gehört, haben wir auch viel weniger Kontakt mit anderen hikern gehabt. Andererseits waren gerade diese Erlebnisse etwas Besonderes und es war phantastisch, die spektakuläre Landschaft oft mit niemandem teilen zu müssen.

Relativ emotionslos gehen wir dann unsere letzte Etappe auch an, der Grand Canyon liegt hinter uns. Was soll da noch groß passieren? Zeitweise denke ich mir, dass ich nur noch Meilen ablaufe, um fertig zu sein. Durch Pinienwälder steigen wir ganz sanft ab. Es zieht sich. Doch wieder einmal überrascht mich dieser Trail : an einem Parkplatz steht eine ältere Frau mit ihrem Camper. Schnell stellt sich im Gespräch heraus, dass sie auch Deutsche ist und seit über 40 Jahren in den USA wohnt. Nun da ihr Mann gestorben ist, kann Ingrid endlich die Reisen machen, die sie sich immer gewünscht hat. Ihr Mann wollte immer nur Berge besteigen ;-).
Es gibt den Spruch: the trail provides. Man kann daran glauben, oder auch nicht, fest steht aber, dass wir wegen der letzten Einkaufsmöglichkeiten am North Rim und dann in einem kleinen Country Store eigentlich zu wenig zu essen hatten. Beide waren ziemlich teuer und Vegetarisches ziemlich schwer zu finden, von Vegan fange ich gar nicht erst an. Ingrid stopft uns mit Kaffee, Gemüsesäften, Cola, Wasser, Cantucci, Keksen, Brezeln und weiteren Dingen voll und animiert uns, von allem etwas mitzunehmen. Das tun wir auch. Nach einem sehr netten Gespräch ziehen wir weiter und können nach Tagen endlich einen Blick auf den Rand des Plateaus, auf dem wir laufen, erhaschen. Ein phänomenaler Canyon in Farben wie ein Sonnenuntergang. So bekommen wir doch noch eine landschaftliche Überraschung. Wir sehen noch eine ziemlich coole ( ungiftige) Schlange, die in unserer Sammlung gefehlt hat und ziemlich große Eidechsen. Klammheimlich sind wir in den letzten Tagen wieder in die Wüste abgestiegen. Fast hätten wir es nicht bemerkt. Ich genieße den letzten Abend in dieser wundersamen Landschaft. Zum Essen schaut dann noch ein ziemlich großer Hase bei uns vorbei. Ziemlich unbeeindruckt von unserer Anwesenheit schlägt er sich den Bauch mit Wacholderbeeren voll. Nachts starre ich noch stundenlang die Sterne an. Nun fällt mir der Abschied doch schwerer, als erwartet. Die letzten Meilen geht es dann nochmal einige Höhenmeter nach unten, in switchbacks laufen wir auf einen campground zu, und dort steht es. Unser Monument. Wir haben es geschafft! 800 Meilen durch ganz Arizona.

Kein Monument oder Symbol, keine Realität kann dem standhalten oder abbilden, was der Trail bedeutet, kein Satz auch nur annähernd wiedergeben, was man tief im inneren fühlt. Dazu braucht es die Kunst, Malerei, Literatur, Poesie. Deswegen gebe ich ab an Robert Frost:

“The woods are lovely, dark and deep, but I have promises to keep, and miles to go before I sleep, and miles to go before I sleep.”

Happy trails!

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