Que und Jeff sind zwei außergewöhnliche Trailangel. Als sie letztes Jahr zwei Monate in Europa waren, haben sie ihr Haus einfach für Hiker geöffnet gelassen und meinten, es wäre danach sauberer als zuvor gewesen. Wir kontaktieren sie über WhatsApp, was hier in den USA eher ein seltener Fall ist. Que schreibt uns, dass sie übers Wochenende campen sind und irgendwann Sonntag wieder heim kommen. Die Hintertür ist aber immer offen und wir können es uns auch schon mal gerne gemütlich machen. Wir kommen dann tatsächlich ein paar Minuten nach den beiden am Haus an. Sie haben auch zwei junge Hunde, Tlalli und Whisky. Whisky wird nicht müde dabei Steine zu apportieren und ich darf ihm die angesabberten Dinger hin und her schmeißen. Wir fühlen uns so wohl, dass wir einen Zero einlegen. Joker kann so ihre Füße und deren Blasen etwas zur Ruhe kommen lassen.
Die nächsten 15 Meilen verläuft der Trail entlang des Gila Rivers, den wir noch gut vom CDT her kennen. Der Fluss hat damals in 3 Tagen und ca. 200 Überquerungen meine Füße aufgeweicht und am anschließenden Tag, den wir nur gerade auf einer Dirtroad gelaufen sind, haben diese dann die Blasen angesetzt, die mich in Grants 5 Tage haben pausieren lassen. Diesmal müssen wir nicht ein einziges Mal durch den Fluss laufen, dafür geht das Gerücht um, im Fluss könnten Noro-Viren sein. Ein paar Hiker vor uns hat es damit erwischt und man konnte den Herd dafür nicht so ganz ausmachen. Wir haben aber gelesen, dass andere auch aus dem Fluss getrunken und das Wasser lediglich gefiltert haben, so dass wir uns auch trauen. Ohne dieses Wasser wären wir auch stark dehydriert gewesen. Dazu können wir uns nicht vorstellen, dass dieses zwar matschiges, aber doch stark fließendes Gewässer der Herd sein soll. Wir können uns eher vorstellen, dass sich ein paar Hiker bei z.B. einem Buffet angesteckt haben. Nun, wir bleiben auf jeden Fall verschont.
Am dritten Tag erreichen wir Superior und fallen erstmal im Buckboard Diner zum Frühstück ein. Danach laufen wir die 1,5 Meilen zum Zentrum, in dem es eine Picknick Fläche mit Bänken, Schatten, fließendem Wasser und Strom gibt. Dort lassen wir uns nieder, laden den Elektrokram und gehen abwechselnd einkaufen. Am späten Nachmittag kehren wir dann zurück auf den Trail.
Die Wüste ist schon vor Kearny ziemlich grün geworden, aber am Gila entlang sowieso und auch danach bleibt es sehr grün. Es wächst sogar hohes Gras, dass zum guten Teil schon wieder verdorrt ist. Einige der Kakteen blühen und es kommen sogar große Bäume, die Schatten spenden. Ich weiß nicht, ob es die wunderschöne Landschaft war, die Joker abgelenkt hat, aber beim Aufstieg tritt sie fast auf die Klapperschlange, die uns begegnet. Sie liegt ziemlich träge auf dem Trail und sonnt sich, zu unserem Glück scheint sie noch nicht besonders aufgeladen zu sein. Sie nimmt uns kaum war. Mit weniger Abstand als uns lieb ist, huschen wir schnell an ihr vorbei und machen dann noch Bilder. Die Schlange bewegt sich ein paar Zentimeter und dann lassen wir sie auch schon in Ruhe. Keine 20 Minuten später übersieht Joker nun eine Schlange komplett. Diesmal handelt es sich nicht um einen Rattler, auch wenn das Hautmuster fast identisch ist, so fehlen doch die Rasseln. Ob das die Schlange ungefährlicher macht, weiß ich nicht. Die gibt auf jeden Fall ein kurzes Zischen von sich und verschwindet dann rechts von mir im Gebüsch. Am nächsten Abend begegnet uns wieder ein Rattler, diesmal noch ein sehr kleines aber wesentlich agileres Exemplar. Was uns etwas irritiert ist, dass auch sie nicht rasselt. Wir haben nun schon ein paar mal gehört, dass das einige Klapperschlangen mittlerweile so halten, um nicht getötet zu werden, was echt doof wäre, denn genau das Rasseln macht sie ja so sympathisch, weil sie sich melden, wenn man ihnen zu nahe kommt. Musk (nein, nicht der Elon), der den AZT flipflop läuft meint, in vielleicht 100 Jahren werden sie gar nicht mehr rasseln. Also wenn es in 100 Jahren noch Leben auf diesem Planeten gibt. Unser Kleiner geht ohne zu ratteln sofort in Kampfstellung, aber es gibt genügend Platz für uns drei. Junge Klapperschlangen haben den Nachteil, dass sie ihr Gift noch nicht richtig dosieren können und auch bei einem Verteidigungsbiss oft ihr ganzen Gift injizieren.
Am dritten Tag nach Superior kommen wir morgens am Roosevelt See vorbei, genauer gesagt an einer Anlegestelle. Was daran für uns besonders interessant ist, ist der kleine Laden, der dazu gehört und der mir 1,5L Rootbeer, Joker einen Kaffee und Pink Lemonade und uns beiden jeweils eine Dose Bohnen zum Frühstück beschert. Außerdem kann Joker ihren etwas dürftigen Futtersack aufstocken. Die Energie kommt genau richtig, denn wie gestern sind auch heute einige Höhenmeter gut zu machen. Insgesamt machen wir an diesen zwei Tagen 2700 Meter nach oben gut und laufen 34 Meilen. Auf dem Weg zurück zum Trail begegnet uns der 3. Rattler, der sich wieder auf dem Trail sonnt und keinen Laut von sich gibt. Aber diesmal können wir in beruhigendem Abstand an ihm vorbei laufen. Der nächste begegnet uns dann am nächsten Vormittag. Wieder ein sehr träges Exemplar, aber der Weg ist so schmal und so abschüssig, dass wir nicht an ihm vorbei kommen. Wir klappern also ein wenig mit unseren Stöcken und irgendwann setzt sich die Schlange ganz langsam in Bewegung. Als ich dann schnell an ihr vorbei husche geht sie aber sofort in Combatstellung und fängt zu ratteln an. Na endlich.
Die landschaftliche Vielfalt, die wir in den letzten Tagen durchlaufen haben ist sagenhaft. Von einer grünen Hölle, in der wirklich alles was da so wächst Stacheln hat, über Wälder und Wiesen bis hin zur wüstentypischen, kargen Landschaft war alles dabei. Morgen geht es in die Stadt. Duschen nach 9 Tagen Abstinenz, ein schönes Frühstück, Rootbeer, noch mehr schönes Essen, wir kommen.
Rootbeer zum frühstück?
Was sonst?
Hey ihr zwa, da sind euch ja scho einige Schlangen begegnet. Es ist toll das es solche Trailangel’s gibt. Euch geht es hoffentlich gut .Weiterhin Happy Trail.